Die gestrige Demonstration gegen die Polizei im Berliner Stadtteil Friedrichshain wurde nach mehreren gewaltsamen Zwischenfällen vorzeitig aufgelöst. Was als angemeldeter Protest begann, endete mit Angriffen auf Einsatzkräfte und mehreren Festnahmen.
Rund 350 Personen versammelten sich am Samstagabend an der Warschauer Straße, um gegen vermeintliche Polizeigewalt zu demonstrieren. Die Stimmung war bereits zu Beginn angespannt. „Wir beobachteten von Anfang an eine aggressive Grundhaltung bei einem Teil der Teilnehmenden», erklärt Polizeisprecherin Jana Müller. Viele Demonstrierende trugen schwarze Kleidung und hatten ihre Gesichter vermummt, was nach dem Versammlungsgesetz nicht erlaubt ist.
Die Situation eskalierte, als aus dem Protestzug heraus Pyrotechnik gezündet und Flaschen auf Polizeibeamte geworfen wurden. Drei Polizisten erlitten leichte Verletzungen, konnten jedoch im Dienst bleiben. Nach wiederholten Verstößen gegen Auflagen entschied die Einsatzleitung gegen 21:30 Uhr, die Demonstration aufzulösen.
„Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut, aber sie endet dort, wo die körperliche Unversehrtheit anderer gefährdet wird», betont der Friedrichshainer Bezirksstadtrat Martin Weber. Die Polizei nahm insgesamt elf Personen vorläufig fest. Ihnen werden Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen.
Der Kiez rund um die Rigaer Straße gilt seit Jahren als Brennpunkt für Konflikte zwischen der autonomen Szene und Sicherheitsbehörden. Anwohner berichten von gemischten Gefühlen. „Ich verstehe den Protest gegen Polizeigewalt, aber Gewalt ist keine Lösung und schadet nur dem Anliegen», sagt die 43-jährige Anwohnerin Claudia Roth.
Auch nach der offiziellen Auflösung kam es in den umliegenden Straßen zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen verbliebenen Demonstrierenden und Einsatzkräften. Erst gegen Mitternacht beruhigte sich die Lage wieder. Die Polizei war mit rund 400 Beamten im Einsatz.
Die Organisatoren der Demonstration kritisieren das Vorgehen der Polizei als unverhältnismäßig. Sie behaupten, die Eskalation sei durch massive Polizeipräsenz provoziert worden. Der Berliner Polizeisprecher Thomas Neuendorf weist diese Vorwürfe zurück: „Wir haben erst eingegriffen, als es zu konkreten Straftaten kam.»
Der Vorfall reiht sich ein in eine Serie von Konfrontationen in diesem Kiez. Erst vor zwei Monaten kam es nach einer Hausräumung in der Nähe zu ähnlichen Szenen. Die Bezirksbürgermeisterin Sandra Richter fordert nun einen runden Tisch: „Wir müssen den Dialog zwischen allen Beteiligten verbessern, um solche Eskalationen in Zukunft zu vermeiden.»
Die Polizei wertet nun Videomaterial aus, um weitere Täter zu identifizieren. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen, da ein politischer Hintergrund vermutet wird.
Anwohner hoffen auf Entspannung im Kiez. „Solche Ausschreitungen schaden dem Image unseres Viertels», meint der 67-jährige Ladenbesitzer Klaus Herrmann, der sein Geschäft in der Nähe des Demonstrationsgebiets betreibt. „Die meisten Menschen hier wollen einfach nur friedlich zusammenleben.»