Die große Arbeitszeitdebatte: Was Deutschland wirklich will
Der Wecker klingelt um sechs, Feierabend ist um fünf. Dieses Arbeitsmodell prägt seit Jahrzehnten unser Leben. Doch wie lange noch? Die aktuelle Debatte um unsere Arbeitszeit erhitzt die Gemüter. Eine neue Umfrage zeigt: Die Deutschen sind tief gespalten in dieser Frage.
Während 45 Prozent der Befragten den klassischen Acht-Stunden-Tag verteidigen, wünschen sich 42 Prozent flexiblere Modelle. Diese Zahlen spiegeln einen gesellschaftlichen Umbruch wider. «Wir befinden uns in einer Phase der Neuorientierung«, erklärt Arbeitsmarktexperte Dr. Martin Kocher vom Institut für Wirtschaftsforschung. «Die Pandemie hat als Katalysator gewirkt.»
Letzte Woche diskutierte ich mit meinem Nachbarn über genau dieses Thema. Er arbeitet seit einem Jahr in einer Vier-Tage-Woche und schwärmt von seiner verbesserten Work-Life-Balance. Seine Produktivität sei sogar gestiegen. Diese Erfahrung deckt sich mit Studien aus Island, wo kürzere Arbeitszeiten zu gleichbleibender oder besserer Leistung führten.
Gleichzeitig warnen Wirtschaftsverbände vor den Kosten solcher Modelle. Besonders im Mittelstand, dem Rückgrat unserer Wirtschaft, herrscht Skepsis. Die Realität zeigt: Was für Bürojobs funktioniert, ist in Handwerk oder Pflege schwerer umzusetzen.
Die Arbeitswelt steht am Scheideweg. Werden wir in zehn Jahren noch vom klassischen Vollzeitjob sprechen? Die Antwort darauf schreiben wir als Gesellschaft gerade gemeinsam – zwischen Tradition und Aufbruch, zwischen Wunsch und Wirtschaftlichkeit.