Manchmal geschehen die bedeutsamsten Wendungen im Verborgenen. So auch bei Beate Zschäpe. Die zu lebenslanger Haft verurteilte NSU-Terroristin wurde in ein Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten aufgenommen. Eine Nachricht, die mich beim morgendlichen Zeitungslesen innehalten ließ.
Die 49-Jährige verbüßt seit 2018 ihre Strafe für die Beteiligung an zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des «Nationalsozialistischen Untergrunds». Nun scheint sie sich vom rechtsextremen Gedankengut distanzieren zu wollen. Das bayerische Landeskriminalamt bestätigte ihre Teilnahme am Programm «BayEx«, das Aussteigern hilft, sich von extremistischen Szenen zu lösen.
«Jeder Mensch verdient eine zweite Chance«, sagte mir kürzlich ein Experte für Deradikalisierung. «Aber bei solchen Fällen braucht es besondere Sorgfalt und kritische Begleitung.» Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Angehörigen von NSU-Opfern vor einigen Jahren. Ihre Trauer und ihr Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen waren greifbar.
Während meiner Recherchen zum Rechtsextremismus traf ich auch auf ehemalige Szene-Mitglieder, deren Ausstieg gelang. Ihr Weg war steinig, aber möglich.
Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn selbst Personen mit schwerster Schuld Wege zurück angeboten werden? Die Debatte darüber wird kontrovers geführt. Zwischen verständlicher Empörung und dem Grundsatz der Resozialisierung müssen wir als Gesellschaft einen Umgang finden – ohne die Opfer und ihre Angehörigen aus dem Blick zu verlieren.