Gestern habe ich wieder miterlebt, wie schnell sich die Karten im militärischen Bereich wenden können. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat überraschend einen hochrangigen Bundeswehr-General von seinem NATO-Posten abberufen. Der Zweisternegeneral Thorsten Poschwatta, bisher Leiter des «Joint Support and Enabling Command» (JSEC) in Ulm, muss seinen Hut nehmen.
Die Entscheidung kam wie ein Paukenschlag. Nach Medienberichten geht es um «unangemessenes Führungsverhalten» des Generals. In Militärkreisen wird gemunkelt, dass es um mehr als kleine Fehltritte gehe. «In einer Zeit, in der Führungsstärke und Integrität wichtiger denn je sind, müssen wir konsequent handeln», erklärte ein Ministeriumssprecher gegenüber der Presse. Die NATO wurde bereits über die Personalentscheidung informiert.
Was mich besonders nachdenklich stimmt: Das JSEC in Ulm ist kein unwichtiger Posten. Es koordiniert Truppenbewegungen durch Europa und wurde erst 2018 gegründet. Ich erinnere mich an meinen Besuch dort letztes Jahr – die Atmosphäre war angespannt, aber professionell. Jetzt soll General Kai Rohrschneider die Führung übernehmen, ein erfahrener Soldat mit tadelloser Laufbahn.
Die Bundeswehr durchlebt gerade einen großen Wandel. Die Zeitenwende stellt hohe Anforderungen an Führungskräfte. Vielleicht ist diese Abberufung Teil eines größeren Kulturwandels. Mir scheint, dass Pistorius klarstellt: Bei Führungsversagen gibt es keine Schonung, egal wie hoch die Schulterklappen sind.