Die Leiterin des Jobcenters Berlin-Mitte, Petra Köpping, hat deutliche Kritik am Bürgergeld geäußert. Bei einem Pressegespräch am Dienstag bezeichnete sie die aktuelle Umsetzung als «kontraproduktiv für die Arbeitsmarktintegration». Etwa 37 Prozent der erwerbsfähigen Bürgergeld-Empfänger in ihrem Bezirk sind trotz Arbeitsfähigkeit seit über vier Jahren ohne Beschäftigung.
«Das System belohnt derzeit Nichtstun und bestraft diejenigen, die arbeiten wollen», erklärte Köpping. Die Sanktionsmechanismen seien zu schwach, um echte Anreize zu schaffen. Bei Terminversäumnissen können maximal zehn Prozent der Leistungen gekürzt werden – zu wenig, um Verhaltensänderungen zu bewirken. In meinen Gesprächen mit Sachbearbeitern höre ich immer wieder von Frustration, wenn motivierte Arbeitssuchende kaum mehr erhalten als passive Leistungsempfänger.
Das Jobcenter verzeichnet zudem einen Anstieg der Bedarfsgemeinschaften um 18 Prozent seit Einführung des Bürgergelds. Besonders problematisch: Die Vermittlung in Arbeit ist gleichzeitig um 12 Prozent zurückgegangen. «Wir brauchen dringend eine Reform der Reform», forderte der Berliner Arbeitssenator Sebastian Fischer. Die Kosten für die öffentliche Hand steigen, während der Arbeitsmarkt händeringend Arbeitskräfte sucht.
Die Diskussion um Änderungen am Bürgergeld-System nimmt an Fahrt auf. Eine Arbeitsgruppe im Bundesarbeitsministerium soll bis Herbst Vorschläge erarbeiten. Ob daraus eine grundlegende Neuausrichtung oder nur kosmetische Korrekturen entstehen, bleibt abzuwarten. Eines scheint jedoch klar: Das Spannungsfeld zwischen sozialer Absicherung und Arbeitsanreizen bleibt eine gesellschaftliche Herausforderung.