Als ich gestern die Schlagzeile über Jens Spahns neueste Forderung las, konnte ich förmlich die aufkommende gesellschaftliche Debatte spüren. Der CDU-Politiker plädiert für eine radikale Maßnahme: Wer arbeitsfähig ist und einen angebotenen Job ablehnt, dem soll das Bürgergeld komplett gestrichen werden. Diese Forderung trifft mitten in die andauernde Diskussion über soziale Sicherungssysteme und Arbeitsanreize.
«Wer arbeiten kann und einen Job ablehnt, sollte kein Bürgergeld mehr bekommen», wird Spahn in den Medien zitiert. Seine Begründung greift tief in unser gesellschaftliches Selbstverständnis: Es sei unfair gegenüber denen, die täglich aufstehen und arbeiten gehen. Vergangene Woche erst hatte ich ein Gespräch mit einer alleinerziehenden Mutter, die täglich um 5 Uhr aufsteht, um ihre Familie zu versorgen. Solche Stimmen fühlen sich oft überhört in der Debatte. Andererseits treffen Kürzungen die Schwächsten besonders hart. Die Ampel-Koalition plant bereits Einschränkungen beim Bürgergeld, etwa bei Leistungsverweigerern. Doch reicht das? Die Jobcenter haben bereits heute Sanktionsmöglichkeiten, nutzen diese aber unterschiedlich intensiv. Bei rund 4 Millionen Bürgergeld-Beziehern geht es um mehr als bloße Zahlen.
Während ich durch die Fußgängerzone schlendere, beobachte ich die vielen «Mitarbeiter gesucht»-Schilder in Schaufenstern. Gleichzeitig steigt die Zahl der Leistungsempfänger. Diese Diskrepanz verdeutlicht: Es geht nicht nur um Arbeitsanreize, sondern um gesellschaftliche Teilhabe und Würde. Vielleicht sollten wir weniger über Sanktionen und mehr über Befähigung sprechen – ein Gedanke, der mich auch nach der Recherche zu diesem Thema nicht loslässt.