Der gestrige Bundestag glich einem politischen Theater der besonderen Art. Die Linken-Abgeordnete Canan Bayram wurde vom Sitzungspräsidium ausgeschlossen. Ihr Vergehen? Ein simples T-Shirt mit der Aufschrift «Palestine will live». Es war das erste Mal seit 1949, dass ein Abgeordneter wegen seiner Kleidung den Plenarsaal verlassen musste.
Die Debatte um Symbole im Bundestag hat eine neue Dimension erreicht. «Das Tragen politischer Symbole widerspricht der Würde des Hauses», erklärte Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU), die den Ausschluss anordnete. Doch wo genau verläuft die Grenze? Schließlich wurden Ukraine-Flaggen im Parlament bisher toleriert. Diese Ungleichbehandlung kritisieren nun viele. Als ich im Pressesaal die Reaktionen beobachtete, herrschte ungläubiges Kopfschütteln unter den Journalistenkollegen.
Die Betroffene selbst zeigt sich kämpferisch. «Ich stehe zu meiner Haltung für einen gerechten Frieden in Nahost», erklärte Bayram nach dem Vorfall. Interessant dabei: Rechtlich steht das Sitzungspräsidium auf wackeligem Boden. Die Geschäftsordnung verbietet lediglich «Plakate und Transparente», nicht aber bedruckte Kleidung.
In Zeiten polarisierter Debatten wird selbst Kleidung zum politischen Statement. Was als Kleiderordnung beginnt, endet schnell als Frage der Meinungsfreiheit. Während draußen vor dem Reichstag täglich für verschiedene Anliegen demonstriert wird, scheinen im Inneren die Regeln strenger zu werden. Vielleicht brauchen wir genau diese Diskussion.