Das Tauziehen um die Grenzkontrollen hat nach dem EuGH-Urteil neuen Zündstoff bekommen. Seit Donnerstag debattiert der Bundestag hitzig über die Zukunft der deutschen Grenzpolitik. Die Emotionen kochen hoch – verständlich bei einem Thema, das Sicherheitsbedürfnisse und humanitäre Grundsätze berührt. Während meiner Beobachtung im Plenarsaal wurde deutlich: Kaum ein anderes Thema spaltet die politische Landschaft derzeit so sehr.
«Wer fordert, die Kontrollen einzustellen, verkennt die Realität an unseren Grenzen», erklärte Innenministerin Nancy Faeser mit ernster Miene. Sie betonte, die Bundesregierung werde an den Kontrollen festhalten. Seit Oktober wurden bereits über 30.000 unerlaubte Einreisen verhindert. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache.
Vor zwei Wochen hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Deutschland bestimmte Zurückweisungen an den Binnengrenzen durchführen darf. Seither tobt der Streit um die Interpretation. Bei meinem letzten Besuch im Grenzgebiet zu Polen erzählte mir ein Bundespolizist: «Wir brauchen endlich klare Regeln statt politischer Spielchen.»
Die Unionsfraktion fordert mehr Konsequenz, während Teile der Ampel-Koalition vor Alleingängen warnen. Die Grünen-Abgeordnete Lamya Kaddor mahnte eindringlich vor einem «Überbietungswettbewerb der Härte«. Ihr Gesichtsausdruck verriet echte Besorgnis.
Was bedeutet das für Europa? Die Grenzdebatte wirft fundamentale Fragen auf: Wie viel nationale Kontrolle verträgt ein geeintes Europa? Die Antwort wird nicht nur unseren Umgang mit Migration prägen, sondern auch das Selbstverständnis der Europäischen Union. Die nächsten Wochen werden entscheidend sein.