Der Wind, der durch die Stuttgarter Innenstadt weht, trägt den Geruch von Veränderung. Cem Özdemir, Bundeslandwirtschaftsminister und prominentes Gesicht der Grünen in Baden-Württemberg, richtet seinen Blick fest auf die kommende Bundestagswahl. Sein Fokus überrascht: Statt klassisch grüner Umweltthemen will er verstärkt wirtschaftliche Fragen in den Mittelpunkt rücken.
«Die Wirtschaft ist das Fundament unseres Wohlstands», erklärt Özdemir bei einem Pressetermin in Stuttgart. «Besonders in Baden-Württemberg mit seiner starken Industrie müssen wir zeigen, dass Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg zusammengehören.» Seine Strategie zielt auf die Sorgen der Mittelschicht, die unter steigenden Preisen leidet. Dabei bleibt er seiner Linie treu: «Wir brauchen eine nachhaltige Transformation, keine Deindustrialisierung.»
Letzte Woche besuchte ich ein mittelständisches Unternehmen in Esslingen. Die Gespräche dort bestätigten, was Özdemir betont: Viele Betriebe wollen nachhaltiger werden, scheuen aber Investitionsrisiken. Baden-Württemberg als Wirtschaftsstandort steht vor enormen Herausforderungen. Die Autoindustrie kämpft mit dem Wandel zur Elektromobilität, während gleichzeitig Fachkräfte fehlen.
Mit diesem wirtschaftlichen Fokus betritt Özdemir bewusst Terrain, das traditionell der CDU zugeschrieben wird. Eine kluge Strategie in Zeiten, wo klassische Parteiprofile verschwimmen. Die Industrie- und Handelskammer Baden-Württemberg begrüßt diesen Ansatz vorsichtig.
Während ich durch die Königstraße schlendere, wird mir klar: Die kommende Wahl wird hier nicht nur über Klimaziele entscheiden, sondern über wirtschaftliche Zukunftsvisionen. Özdemirs Kurskorrektur könnte den entscheidenden Unterschied machen.