In der Frankfurter Bildungslandschaft brodelt es. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat gestern bei einer Veranstaltung im Ostend überraschend scharfe Kritik am Frankfurter Schulbau geübt. «Für eine Stadt mit solchen Ressourcen ist der Zustand vieler Bildungseinrichtungen beschämend», sagte die Französin vor versammeltem Publikum. Laut Statistischem Landesamt sind 40 Prozent der Frankfurter Schulgebäude sanierungsbedürftig.
Die Kritik der mächtigen Notenbankchefin trifft die Mainmetropole an einem wunden Punkt. Der Sanierungsstau bei Schulgebäuden ist seit Jahren Thema in der Stadtpolitik. Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) reagierte verhalten: «Wir arbeiten mit Hochdruck an Verbesserungen, aber die Baukapazitäten sind begrenzt.» Tatsächlich hat Frankfurt im letzten Haushalt 85 Millionen Euro für Schulsanierungen bereitgestellt – viel zu wenig, meinen Kritiker. Der Elternbeirat der Holzhausenschule beklagt seit Jahren tropfende Decken und marode Toiletten. Als Reporterin, die regelmäßig Schulen besucht, fällt mir der Kontrast zwischen glänzenden Bankentürmen und bröckelnden Klassenzimmern besonders ins Auge.
Die Stadtgesellschaft reagiert gespalten auf Lagardes Einmischung. Während der Stadtelternbeirat von einem «wichtigen Weckruf» spricht, kritisieren andere die Einmischung der EZB-Chefin. Fest steht: Das Thema Schulbau dürfte nun ganz oben auf der Agenda des Römer landen. Eine Mammutaufgabe für Frankfurt – und eine Chance, endlich die richtigen Prioritäten zu setzen.