Der Wind hat gedreht in der deutschen Politik. Nach Jahren des Krisenmanagements beginnt nun die Phase der Reflexion. CDU, CSU und SPD haben diese Woche gemeinsam eine parlamentarische Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ein längst überfälliger Schritt, wie viele meinen.
Gestern flanierte ich durch Berlin-Mitte, wo die Cafés wieder voller Leben sind. Kaum zu glauben, dass hier einst Absperrbänder und Hinweisschilder das Straßenbild prägten. Die Aufarbeitung soll nun Klarheit bringen, welche Einschränkungen notwendig waren und welche vielleicht zu weit gingen. «Wir schulden den Bürgerinnen und Bürgern eine ehrliche Analyse«, betont Friedrich Merz in einer Fraktionssitzung. Auch Karl Lauterbach, einst Mahner in der Pandemie, unterstützt das Vorhaben: «Eine transparente Evaluation hilft uns, für künftige Krisen besser gewappnet zu sein.«
Bemerkenswert ist der fraktionsübergreifende Konsens. In meinen 15 Jahren als Journalistin habe ich selten erlebt, dass politische Lager so geschlossen ein potenziell heikles Thema angehen. Die Corona-Enquete soll laut SPIEGEL-Bericht noch vor der Sommerpause starten und externe Experten einbeziehen.
Was bleibt von dieser Zeit? Die Masken sind verschwunden, aber die gesellschaftlichen Risse noch spürbar. Vielleicht kann die Aufarbeitung mehr sein als politisches Pflichtprogramm – ein Heilungsprozess für eine Gesellschaft, die gemeinsam durch eine beispiellose Krise gegangen ist. Die wahre Herausforderung wird sein, aus den Erkenntnissen tatsächlich zu lernen.