Die Morgensonne fällt durch die Fenster meines Redaktionsbüros, während ich die neuesten Zahlen zur deutschen Haushaltslage sichte. Was sich abzeichnet, ist mehr als eine vorübergehende Krise. Deutschland steht am Rande eines fiskalischen Dauer-Ausnahmezustands, der uns alle betrifft – von der Rentnerin bis zum Schulkind.
Der Bundeshaushalt 2025 kämpft mit einer Finanzierungslücke von rund 25 Milliarden Euro. Gleichzeitig wächst der Investitionsstau in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz bedrohlich an. Bei meinem Spaziergang zur Arbeit begegnete ich heute maroden Schulgebäuden und einer Baustelle, die seit Monaten stillsteht. Diese Alltagsbeobachtungen sind Symptome eines tieferen Problems. Der renommierte Wirtschaftsexperte Marcel Fratzscher vom DIW warnt: «Deutschland bewegt sich in eine strukturelle Unterfinanzierung hinein, die unsere Zukunftsfähigkeit ernsthaft gefährdet.»
Vergangene Woche sprach ich mit dem Bürgermeister einer Kleinstadt im Ruhrgebiet. Seine Gemeinde verschiebt seit Jahren notwendige Investitionen in Schulen und Schwimmbäder. «Wir verwalten den Mangel», sagte er resigniert. Als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder erlebe ich die Folgen täglich: überfüllte Klassen, ausgefallene Schwimmkurse, digitale Rückständigkeit.
Die Schuldenbremse, einst als Instrument fiskalischer Disziplin gefeiert, entwickelt sich zur Investitionsbremse. Eine Reform scheint unausweichlich, doch der politische Konsens fehlt. Während andere europäische Länder ihre Investitionsquoten erhöhen, verharrt Deutschland in der Sparzwangfalle. Die Frage bleibt: Wie viel Zukunft können wir uns noch leisten, wenn der Ausnahmezustand zur Regel wird?