Die grauen Wohnblöcke am Stadtrand von Warschau wirkten unauffällig, bis Spezialeinheiten der polnischen Polizei plötzlich zuschlugen. Zwei Deutsche wurden festgenommen, verdächtigt, Teil eines internationalen Netzwerks von sogenannten «Schockanrufern» zu sein. Diese kriminellen Gruppen haben in den letzten Jahren tausende Senioren in Deutschland um ihre Ersparnisse gebracht.
Ich erinnere mich noch gut an Frau Meier aus meinem Heimatviertel, die nach einem solchen Anruf ihre Goldkette und 5.000 Euro an einen angeblichen «Polizisten» übergab. Die Masche ist immer ähnlich: Ein vermeintlicher Verwandter in Not oder ein falscher Polizist erzeugt maximalen emotionalen Druck. «Diese Täter arbeiten mit ausgeklügelter Psychologie. Sie nutzen gezielt die Sorge um Angehörige aus», erklärt Kriminalhauptkommissar Werner Becker vom BKA.
Die jetzt zerschlagene Zelle soll nach Angaben der Ermittler mehr als 1,2 Millionen Euro erbeutet haben. Besonders perfide: Die Anrufer sprachen akzentfreies Deutsch und verfügten über detaillierte Informationen ihrer Opfer. Die Festnahmen erfolgten nach monatelanger verdeckter Ermittlungsarbeit in Kooperation mit deutschen Behörden.
In meiner zwanzigjährigen Reportertätigkeit haben mich wenige Verbrechen so erschüttert wie diese systematische Ausnutzung älterer Menschen. Die internationale Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden gibt jedoch Hoffnung. Vielleicht können die Festnahmen dazu beitragen, dass weniger Senioren in die emotionale Falle der Betrüger tappen. Und trotzdem: Aufklärung bleibt der wichtigste Schutz.