Gestern stand ich an der Grenze zu Österreich und beobachtete die Beamten bei ihren neuen alten Kontrollen. Der Wind pfiff kalt, während Autofahrer ihre Papiere zückten. Alexander Dobrindts jüngster «Pilotversuch» zum Grenzschutz sorgt bundesweit für Diskussionen – und erinnert mich an längst vergangen geglaubte Zeiten.
Die CSU-Initiative sieht vor, dass an bayerischen Grenzen Asylbewerber direkt zurückgewiesen werden können. Ein Konzept, das Innenministerin Nancy Faeser bereits im Oktober mit temporären Grenzkontrollen teilweise umgesetzt hat. Doch Dobrindt geht weiter. «Wir brauchen eine echte Migrationswende mit konsequenten Zurückweisungen an den deutschen Grenzen», erklärte der CSU-Landesgruppenchef gegenüber dem Spiegel. Seine Forderung: Personen ohne Einreiseerlaubnis sollen generell abgewiesen werden.
Vergangene Woche saß ich mit einem Grenzbeamten bei Kaffee und Butterbrezn. «Wir arbeiten seit Monaten am Limit«, erzählte er mir. Seine Augenringe sprachen Bände. Die Realität vor Ort ist komplex. Laut Bundespolizei wurden 2023 über 126.000 unerlaubte Einreisen registriert – fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Gleichzeitig kritisieren Menschenrechtsorganisationen die verschärften Maßnahmen als rechtlich bedenklich.
Was als pragmatische Lösung verkauft wird, erweist sich bei näherem Hinsehen als politischer Balanceakt. Europa ringt um gemeinsame Antworten, während nationale Alleingänge zunehmen. Eines scheint sicher: Die Grenzen von gestern kehren zurück – zumindest in den Köpfen. Unsere Gesellschaft steht vor der Frage, wie offen wir bleiben wollen.