Die Stimmung war angespannt am vergangenen Samstag im Frankfurter Waldstadion. Vor dem Bundesligaspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfL Wolfsburg führte die Polizei umfangreiche Kontrollen im Heimbereich der Arena durch. Besonders im Fokus standen die Ultras und ihre mitgebrachten Banner. Die Aktion sorgte für erheblichen Unmut unter den Anhängern und wirft erneut Fragen zum Verhältnis zwischen Fanszene und Ordnungsbehörden auf.
Etwa zwei Stunden vor Spielbeginn riegelten Polizeibeamte die Zugänge zur Nordwestkurve ab, dem traditionellen Standort der aktiven Fanszene. Mehrere hundert Fans mussten sich einer gründlichen Durchsuchung unterziehen. «Es war wie eine Razzia«, berichtet Michael K., ein langjähriger Eintracht-Fan. «Wir mussten Taschen öffnen, wurden abgetastet und jedes mitgebrachte Transparent wurde kontrolliert.»
Nach Angaben der Frankfurter Polizei handelte es sich um eine «präventive Maßnahme«. Ein Sprecher erklärte: «Wir hatten konkrete Hinweise auf geplante problematische Banner mit strafrechtlich relevanten Inhalten.» Die Beamten beschlagnahmten schließlich mehrere große Stoffbanner, deren Inhalte laut Polizei «beleidigend und ehrverletzend gegenüber Polizeibeamten» gewesen seien.
Die Fanvereinigung «Nordwestkurve Frankfurt» kritisierte das Vorgehen scharf. In einer Stellungnahme bezeichneten sie die Durchsuchungen als «unverhältnismäßig und eine gezielte Provokation». Besonders ärgerlich für die Fans: Durch die langwierigen Kontrollen verpassten viele den Anpfiff und die ersten Spielminuten.
Der Verein Eintracht Frankfurt zeigte sich überrascht vom Umfang der Polizeiaktion. «Wir wurden kurzfristig über die Maßnahme informiert», sagte Vorstandsmitglied Philipp Reschke. «Natürlich respektieren wir die Arbeit der Sicherheitsbehörden, stehen aber immer auch im engen Dialog mit unseren Fans. Dieser Dialog ist wichtig, um solche Situationen künftig besser zu koordinieren.»
Es ist nicht der erste Konflikt zwischen der Frankfurter Fanszene und der Polizei. Bereits in der vergangenen Saison kam es zu ähnlichen Vorfällen, die für Unmut sorgten. Die Ultras reagierten während des Spiels mit einem spontanen Protest: In der 37. Minute entrollten sie ein neues Banner mit der Aufschrift «Grundrechte gelten auch im Stadion – gegen Polizeiwillkür«.
Der Fanbeauftragte der Eintracht, Thomas Gerstung, bemüht sich um Vermittlung: «Wir verstehen den Ärger der Fans, müssen aber auch für Verständnis werben, dass bestimmte Grenzen nicht überschritten werden dürfen. Gleichzeitig muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.»
Experten für Fankultur sehen in solchen Konflikten ein grundsätzliches Problem. «Die Stadien sind Orte der Emotionen und des Protests geworden», erklärt Sportwissenschaftler Professor Jonas Gabler von der Universität Frankfurt. «Fans nutzen Banner als Ausdrucksmittel. Gleichzeitig haben die Sicherheitsbehörden den Anspruch, potenzielle Straftaten zu verhindern. Hier prallen unterschiedliche Interessen aufeinander.»
Der Fanforscher betont: «Eine funktionierende Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist entscheidend. Überraschende Großaktionen führen meist nur zu mehr Widerstand und verhärten die Fronten.»
Auch der hessische Fanprojekt-Leiter Thomas Schmidt fordert mehr Dialog: «Es muss ein Weg gefunden werden, legitimen Fan-Protest zu ermöglichen und gleichzeitig klare Grenzen zu ziehen, was nicht akzeptabel ist.»
Sportlich endete der Tag übrigens versöhnlich für die Eintracht-Anhänger. Das Team von Trainer Dino Toppmöller gewann mit 2:1 gegen Wolfsburg und kletterte in der Tabelle auf Rang fünf. Doch die Ereignisse vor dem Anpfiff werden noch länger nachhallen. Der Verein kündigte an, das Gespräch mit Fans und Behörden zu suchen, um für künftige Spieltage bessere Lösungen zu finden.
Die Debatte zeigt einmal mehr, wie komplex das Verhältnis zwischen Fankultur, Sicherheitsanforderungen und Meinungsfreiheit im modernen Fußball geworden ist. Für die Frankfurter Eintracht, ihre Fans und die Behörden bleibt es eine Herausforderung, hier einen gemeinsamen Nenner zu finden.