Als ich heute durch die Gerichtsgebäude schritt, herrschte eine ungewöhnlich angespannte Atmosphäre. Der berüchtigte Eiskeller-Mordfall wird neu aufgerollt, und der einst Verurteilte kam als freier Mann zum Prozess. Die Bilder des brutalen Verbrechens von 2019 haben viele von uns nicht vergessen – eine Leiche im Eiskeller eines Lokals, ein Fall, der Brandenburg erschütterte.
Was mich besonders bewegt: Die Justiz steht unter enormem Druck. Nach einem formalen Fehler im ersten Verfahren hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf. «In einem Rechtsstaat wiegen Verfahrensfehler schwer, auch wenn die Beweislast erdrückend scheint», erklärte mir Strafrechtsexpertin Dr. Johanna Merten gestern. Ich erinnere mich noch gut an die Gesichter der Angehörigen beim ersten Urteil – nun müssen sie alles noch einmal durchleben.
Besonders brisant ist die Freilassung des Angeklagten nach der Aufhebung des Urteils. Als er heute den Gerichtssaal betrat, durchfuhr mich ein seltsames Gefühl. War da ein Hauch von Triumph in seinem Gesicht? Die Staatsanwaltschaft bleibt überzeugt: «Die Beweislage hat sich nicht geändert», so Oberstaatsanwalt Werner Bauer.
Dieser Fall zeigt eindrücklich, wie fragil unser Rechtssystem manchmal wirkt. Zwischen formalem Recht und gefühlter Gerechtigkeit klafft oft eine Lücke. Während die Justizmühlen mahlen, warten die Hinterbliebenen weiter auf Abschluss. Ein zweites Urteil muss nun die Balance finden zwischen rechtsstaatlicher Sorgfalt und dem Ruf nach Gerechtigkeit.