Die Morgensonne fällt durchs Fenster, während ich mit meiner Mutter telefoniere. Sie erzählt von ihrem Arztbesuch gestern und dem Papierkram, den sie mitschleppen musste. «Hast du nicht diese elektronische Patientenakte?», frage ich. Ihre Verwirrung sagt alles. Sie ist nicht allein mit dieser Unkenntnis in Deutschland.
Die elektronische Patientenakte (ePA) sollte eigentlich eine Revolution im Gesundheitswesen sein. Doch aktuell nutzen nur etwa 1,3 Millionen gesetzlich Versicherte dieses digitale Angebot – bei insgesamt rund 74 Millionen Versicherten ein verschwindend kleiner Anteil. Seit ihrer Einführung 2021 hat die ePA einen schweren Stand. «Die meisten Menschen wissen gar nicht, dass sie Anspruch darauf haben oder wie sie darauf zugreifen können», erklärt Dr. Maria Köhler, Gesundheitsexpertin der Verbraucherzentrale.
Bei einem Besuch im Wartezimmer meines Hausarztes letzte Woche sprach ich mit drei anderen Patienten. Keiner von ihnen nutzte die ePA. Ein älterer Herr meinte: «Wozu das Ganze? Mein Arzt kennt mich seit 20 Jahren.» Die junge Frau neben ihm sorgte sich um Datenschutz.
Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: keine doppelten Untersuchungen, alle Befunde an einem Ort, Medikationspläne immer griffbereit. Besonders für chronisch Kranke oder Menschen mit komplexen Gesundheitsproblemen könnte die ePA ein Segen sein.
Während andere Länder längst digitale Gesundheitsakten selbstverständlich nutzen, hinkt Deutschland hinterher. Ein kulturelles Phänomen? Vielleicht. Aber auch eine Frage der Information und des Vertrauens. Die digitale Transformation unseres Gesundheitswesens bleibt eine Herausforderung – nicht nur technisch, sondern vor allem menschlich.