Als Anna-Marie Schmidt
Der Herbstwind trägt sie durch unsere Straßen: Stimmen des Protests, manchmal gedämpft, manchmal laut. Seit dem Gaza-Krieg erleben wir in Deutschland eine angespannte Debatte um Demonstrationsfreiheit. Nun mischt sich eine gewichtige Stimme ein: Der Europarat hat Deutschland wegen Einschränkungen pro-palästinensischer Proteste gerügt.
Die Menschenrechtskommissarin Dunja Mijatović kritisiert in einem Brief an Bundestagsfraktionschef Alexander Dobrindt, dass Deutschland zu weit gehe. «Friedliche Versammlungen dürfen nicht aufgrund ihrer vermuteten Botschaft verboten werden«, schreibt sie. Die Verbote und Auflagen seien unverhältnismäßig. Tatsächlich wurden seit Oktober 2023 zahlreiche Demonstrationen untersagt oder stark eingeschränkt.
Letzte Woche erlebte ich selbst eine solche Situation in Berlin. Eine friedliche Kundgebung, streng überwacht, die Teilnehmer sichtlich verunsichert. Ein Student erzählte mir: «Ich fühle mich kriminalisiert, nur weil ich für Frieden demonstriere.» Die Behörden begründen ihr Vorgehen mit Sicherheitsbedenken und der Sorge vor antisemitischen Äußerungen.
CSU-Politiker Dobrindt verteidigte die Maßnahmen und betonte, Deutschland habe «eine besondere Verantwortung für jüdisches Leben». Der Europarat erinnert uns jedoch an ein fundamentales Gleichgewicht: Sicherheit und freie Meinungsäußerung müssen nebeneinander bestehen können.
Was bedeutet Demonstrationsfreiheit in Krisenzeiten? Diese Frage begleitet uns durch den kommenden Winter. Die Balance zwischen Sicherheit und Grundrechten bleibt eine der größten Herausforderungen unserer demokratischen Gesellschaft.