Die Entscheidung des Bundestags, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte auszusetzen, hallt nach. Ich spürte die Betroffenheit in den Gesichtern der Menschen, als ich gestern mit Geflüchteten in einem Integrationszentrum sprach. Was für uns abstrakte Politik ist, bedeutet für sie jahrelange Trennung von ihren Liebsten. Die UNO hat nun deutliche Worte gefunden.
«So fällt Integration schwer», kritisiert Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge. Die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte sei ein Rückschritt für die Menschenrechte. Dabei hatte Deutschland erst 2018 nach langer Pause den Nachzug wieder ermöglicht – wenn auch mit Kontingenten beschränkt auf 1.000 Personen monatlich.
Mir erzählte Ali, ein syrischer Familienvater: «Meine Kinder wachsen ohne mich auf. Wie soll ich hier ankommen, wenn mein Herz woanders ist?» Seine Geschichte ist kein Einzelfall. Studien zeigen, dass familiäre Stabilität ein Schlüsselfaktor für erfolgreiche Integration ist.
Die Befürworter der Maßnahme argumentieren mit überlasteten Kommunen und Wohnraummangel. Doch Integrationsexperten sehen das kritisch. Ich erinnere mich an die Worte einer Sozialarbeiterin: «Wer seine Familie in Sicherheit weiß, kann sich besser auf Spracherwerb und Arbeitssuche konzentrieren.»
Die Entscheidung wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie viel wiegt das Recht auf Familie im Verhältnis zu innenpolitischen Erwägungen? In den kommenden Monaten werden wir beobachten, ob der gesellschaftliche Druck eine erneute Kurskorrektur bewirken kann. Die Betroffenen jedenfalls warten – mit schwindender Hoffnung.