Auf dem Münchner Oktoberfest spielen diese Tage Blaskapellen ihre traditionellen Melodien. Doch nicht weit entfernt kreiert das Goldmund Quartett etwas, das die bayerische Volksmusik in ein völlig neues Klanggewand hüllt. Das renommierte Streichquartett überrascht mit einem Album, das kulturelle Grenzen aufhebt.
Als ich die ersten Takte höre, bin ich verblüfft. Die vertrauten Weisen meiner Kindheit, elegant verwoben mit klassischen Strukturen. Florian Schötz und Pinchas Adt an den Violinen, Christoph Vandory an der Viola und Raphael Paratore am Cello haben etwas gewagt, was selten gelingt: Sie verbinden Tradition mit Hochkultur, ohne dass es aufgesetzt wirkt.
«Wir wollten die emotionale Direktheit der Volksmusik mit der Tiefe klassischer Kompositionen verschmelzen», erklärt Florian Schötz. Das 2009 in München gegründete Ensemble wurde bereits mit dem renommierten ARD-Musikwettbewerb ausgezeichnet. Ihre neue Interpretation des «Andachtsjodlers» hat mich besonders berührt – so intim und doch kraftvoll.
Was das Quartett schafft, ist mehr als musikalische Experimentierfreude. Es ist eine kulturelle Brücke. Bei einer Probe durfte ich zusehen, wie akribisch sie an jedem Ton feilen. Die Musiker beweisen, dass die vermeintliche Kluft zwischen Volksmusik und Klassik nur in unseren Köpfen existiert.
In Zeiten kultureller Fragmentierung zeigt das Goldmund Quartett, wie Musik Menschen zusammenbringen kann. Ihre Neuinterpretationen laden ein, Traditionen neu zu entdecken. Manchmal müssen wir das Vertraute durch fremde Augen betrachten, um seinen wahren Wert zu erkennen.