Der Morgen im Kerkener Rathaus begann hitzig. Die Frage der Grundschulbetreuung sorgte für rote Köpfe. Eltern wollen flexible Betreuungszeiten, die Gemeinde ringt mit Kosten und Personalfragen. Ein alltägliches Dilemma, das bundesweit Familien betrifft, spitzt sich in der kleinen niederrheinischen Gemeinde zu.
Die Verwaltung hatte einen Kompromiss vorgeschlagen: schrittweiser Ausbau der Vormittags- und Nachmittagsbetreuung an beiden Grundschulen. Doch die Politik will mehr. «Wir müssen den Eltern jetzt ein vollständiges Angebot machen, nicht in kleinen Häppchen», erklärte Ratsherr Michael Heinricks während der Debatte. Seine Fraktion fordert die sofortige Ausweitung an allen Standorten.
Dabei steht Kerken nicht allein da. Laut einer aktuellen Studie fehlen bundesweit über 700.000 Betreuungsplätze. Die Gemeinden kämpfen mit Fachkräftemangel und knappen Kassen. Ich erinnere mich an mein Gespräch mit einer alleinerziehenden Mutter letzte Woche: «Ohne verlässliche Betreuung kann ich nicht arbeiten gehen. So einfach ist das.»
Die kontroverse Sitzung endete mit einem Kompromiss. Der Schulausschuss wird nun ein Gesamtkonzept erarbeiten. Die Betreuungsfrage bleibt ein Balanceakt zwischen Elternwünschen und kommunalen Möglichkeiten. Kerken steht stellvertretend für ein gesellschaftliches Dilemma: Wir wollen Vereinbarkeit von Familie und Beruf, doch der Weg dahin ist steiniger als gedacht.