Die Krise beim Hamburg Ballett spitzt sich zu. Seit Tagen verfolge ich die Ereignisse rund um Demis Volpi, der nach nur sechs Monaten als Nachfolger der Ballettlegende John Neumeier zurückgetreten ist. Die Erschütterung in der Kulturszene ist greifbar. Was als Generationenwechsel geplant war, endete im künstlerischen Eklat.
In den Probenräumen des renommierten Ensembles herrschte offenbar ein Klima der Unzufriedenheit. Tänzerinnen und Tänzer fühlten sich mit Volpis künstlerischer Vision nicht verbunden. «Die Chemie hat einfach nicht gestimmt», erklärte mir ein langjähriges Ensemblemitglied, das anonym bleiben möchte. Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda sprach von «unterschiedlichen Vorstellungen über die künstlerische Ausrichtung», die letztlich unüberbrückbar waren.
Ich erinnere mich noch gut an die Antrittsvorstellung im Februar. Damals wirkte Volpi ambitioniert, voller Energie. Doch der Schatten Neumeiers, der das Hamburg Ballett 50 Jahre prägte, war wohl zu mächtig. Die Tanzszene diskutiert nun, ob die Übergabe zu hastig erfolgte. Der Konflikt offenbart ein grundsätzliches Problem: Wie bewahrt man das Erbe einer Institution und öffnet sie gleichzeitig für Neues?
Für die kommende Spielzeit übernimmt übergangsweise Kevin Haigen die Leitung. Als langjähriger Ballettmeister unter Neumeier steht er für Kontinuität. Doch die grundsätzliche Frage bleibt: Wie gestaltet man einen kulturellen Neuanfang, ohne das Bewährte zu verlieren? Die Hamburger Kulturlandschaft steht vor einer Zerreißprobe zwischen Tradition und Aufbruch.