In einem Prozess, der gestern vor dem Amtsgericht Düsseldorf begann, muss sich ein 42-jähriger Vermieter wegen systematischen Kautionsbetrugs verantworten. Der Angeklagte soll über mehrere Jahre hinweg Dutzende von Mietern in Wohngemeinschaften um ihre Kautionen gebracht haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Kautionen in Höhe von insgesamt mehr als 30.000 Euro einbehalten zu haben.
«Er hat ein System daraus gemacht», erklärt Staatsanwältin Marina Becker in ihrem Eröffnungsplädoyer. «Der Angeklagte mietete größere Wohnungen an und vermietete sie dann zimmerweise weiter. Bei Auszug der Untermieter behielt er systematisch die Kautionen ein.»
Die betroffenen Mieter sind überwiegend Studierende und junge Berufstätige, die in der angespannten Düsseldorfer Wohnungssituation dringend auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen waren. Viele von ihnen haben Kautionen zwischen 800 und 1.200 Euro verloren.
Jonas Müller, ein 24-jähriger Student der Heinrich-Heine-Universität, berichtet im Zeugenstand: «Nach meinem Auszug wartete ich monatelang auf meine Kaution. Erst wurden Ausreden erfunden, dann war der Vermieter plötzlich nicht mehr erreichbar.» Seine Kaution von 950 Euro hat er bis heute nicht zurückerhalten.
Das Schema war laut Anklageschrift immer ähnlich: Der Beschuldigte inserierte Zimmer in zentralen Stadtteilen wie Bilk, Friedrichstadt und Unterbilk zu vergleichsweise günstigen Preisen. Nach dem Einzug wurden die Mieter oft mit Mängeln in den Wohnungen konfrontiert, die nicht behoben wurden. Bei Auszug kam es dann zu Verzögerungen bei der Rückzahlung, gefolgt von kompletter Funkstille.
Die Verteidigung bestreitet die Betrugsabsicht. «Mein Mandant hatte selbst mit säumigen Mietern zu kämpfen und konnte daher teilweise seinen Verpflichtungen nicht nachkommen», argumentiert Rechtsanwalt Thorsten Kleinfeld. Es handle sich um zivilrechtliche Auseinandersetzungen, nicht um Straftaten.
Das Düsseldorfer Mieterschutzbündnis beobachtet den Fall mit großer Aufmerksamkeit. «Dieser Fall ist leider kein Einzelfall. Gerade in Universitätsstädten mit knappem Wohnraum häufen sich solche Maschen», erklärt Petra Winkler vom Mieterschutzbündnis. «Junge Menschen in WGs sind besonders gefährdet, da sie oft wenig Erfahrung mit Mietrecht haben.»
Die Polizei Düsseldorf verzeichnet einen Anstieg ähnlicher Anzeigen. «Im vergangenen Jahr wurden über 120 Fälle von Kautionsbetrug angezeigt – 15 Prozent mehr als im Vorjahr», bestätigt Polizeisprecher Michael Klein. «Besonders betroffen sind Stadtteile mit hohem Studierendenanteil.»
Experten raten Mietern zu erhöhter Vorsicht bei WG-Angeboten. «Kautionen sollten immer auf ein separates Kautionskonto eingezahlt werden», empfiehlt Rechtsanwältin Claudia Behrens, die auf Mietrecht spezialisiert ist. «Das schützt vor Missbrauch und erleichtert im Streitfall die Rückforderung.»
Das Gericht hat fünf weitere Verhandlungstage angesetzt. Sollte der Angeklagte schuldig gesprochen werden, droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Für die Geschädigten bedeutet dies jedoch nicht automatisch, dass sie ihr Geld zurückerhalten werden.
Für viele Betroffene geht es neben dem finanziellen Schaden auch um das erschütterte Vertrauen. «Ich prüfe jetzt jeden Mietvertrag dreimal und verlasse mich nicht mehr auf mündliche Zusagen», sagt die 26-jährige Lisa Schmitz, die ebenfalls zu den Geschädigten zählt.
Der Prozess wird am kommenden Dienstag mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt. Das Gericht hat angekündigt, auch Sachverständige zu Fragen des Mietrechts hinzuzuziehen. Ein Urteil wird für Ende November erwartet.