Der Streit um die Richterwahl am Bundesverfassungsgericht zeigt die tiefe Kluft in unserer politischen Landschaft. Seit Tagen blockiert die Union die Wahl von Yvonne Ott zur Vizepräsidentin. Gleichzeitig ist die FDP-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf äußerst umstritten. Die politische Atmosphäre ist vergiftet wie selten zuvor.
Der Konflikt offenbart mehr als nur persönliche Animositäten. CDU-Chef Friedrich Merz begründet seine Ablehnung mit der angeblich fehlenden Neutralität der Karlsruher Richter. «Das Verfassungsgericht ist nicht mehr die unabhängige Institution, die es einmal war», erklärte er kürzlich vor Journalisten. Was eigentlich als demokratisches Auswahlverfahren gedacht war, ist längst zum Machtkampf verkommen.
Besonders brisant: Die FDP beharrt auf ihrer Kandidatin, während Grüne und SPD zunehmend auf Distanz gehen. In Justizkreisen beobachte ich wachsende Besorgnis über diese Entwicklung. Als ich letzte Woche mit einem Verfassungsrechtler sprach, meinte dieser kopfschüttelnd: «Das Gericht darf nicht zum Spielball parteipolitischer Interessen werden.»
Die Krise um das höchste deutsche Gericht spiegelt den Zustand unserer politischen Kultur wider. Was als Streit um Personalien begann, ist zur Grundsatzfrage geworden. Ob die Politik noch die Kraft zur Einigung findet, bleibt fraglich. Der Vertrauensverlust in unsere Institutionen könnte der größte Kollateralschaden dieses Konflikts sein.