Die Kamera fährt über graue Ruhrgebiets-Hochhäuser, während im Hintergrund brachiale Gitarrenriffs explodieren. So beginnt die neue Dokumentation über Kreator, jene Thrash-Metal-Ikonen, die seit 40 Jahren die internationale Musikwelt prägen. Im beschaulichen Essen gründete Frontmann Miland «Mille» Petrozza 1982 eine Band, die Deutschland weltweit mehr Export-Ruhm brachte als so mancher Wirtschaftskonzern.
Die Filmemacherin Sibylle Dahrendorf begleitet in ihrer Arte-Dokumentation «Kreator – Blutrot und Tiefschwarz» die vier Musiker auf Konzertreisen und in private Momente. Dabei entlarvt sie gekonnt das Klischee vom tumben Metaller. «Meine Texte waren schon immer politisch», erklärt Petrozza im Film. «Ich wollte nie nur über Monster singen.» Tatsächlich thematisieren Kreator in brachialer Direktheit Umweltzerstörung, Intoleranz und Kriegstreiberei.
Besonders faszinierend ist der Kontrast zwischen tobender Bühnenenergie und reflektierten Gesprächen abseits des Rampenlichts. Als jüngst die Band vor 20.000 Fans in Südamerika spielte, war ich selbst erstaunt, wie diese aggressive Musik kulturelle Grenzen überwindet. Die Dokumentation zeigt eindrucksvoll, wie der Ruhrgebiets-Sound zum globalen Phänomen wurde.
Das NRW-Lokalkolorit schimmert dabei immer wieder durch. Petrozza, Sohn eines italienischen Gastarbeiters, verkörpert die multikulturelle Identität des Reviers. Seine Musik spiegelt den industriellen Charakter der Region wider – rau, direkt, ungeschönt. In Zeiten gesellschaftlicher Spaltung zeigt die Doku, wie Kultur Gemeinschaft stiften kann – selbst wenn sie so laut und unbequem daherkommt wie Thrash Metal.