Der spätsommerliche Morgen in Stuttgart spiegelt wider, was Ministerpräsident Winfried Kretschmann gerade beschäftigt. Die Stadt erwacht, Menschen eilen zur Arbeit, während andere bereits im Ruhestand den Tag genießen. Dieses Nebeneinander symbolisiert die gesellschaftlichen Herausforderungen, denen sich Baden-Württemberg stellen muss: Migration, Arbeitszeit und Rentenalter.
«Wir müssen die Arbeitszeitfrage neu denken», erklärt Kretschmann in seinem typisch pragmatischen Ton. Angesichts des demografischen Wandels plädiert er für eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Seine Überlegungen stoßen auf geteiltes Echo. Bei meinem Besuch auf dem Stuttgarter Wochenmarkt höre ich besorgte Stimmen: «Mit 67 schon aufhören? Das wird für die Jüngeren kaum noch möglich sein.» Seit 2012 führt Kretschmann das Land als erster grüner Ministerpräsident und hat sich als Realpolitiker etabliert.
Bemerkenswert ist Kretschmanns Positionierung zur Migrationspolitik. Er distanziert sich vom grünen Parteinarrativ und fordert pragmatische Lösungen bei der Begrenzung irregulärer Migration. «Wir müssen die Probleme lösen und nicht in Symbolpolitik verharren», mahnt der 76-Jährige, der als Stimme der Vernunft in aufgeheizten Debatten gilt. Sein Ansatz: Integration fördern und gleichzeitig klare Regeln setzen.
Die Herausforderungen, die Kretschmann anspricht, werden Baden-Württemberg noch lange beschäftigen. Sie erfordern einen gesellschaftlichen Dialog jenseits ideologischer Grenzen. Während ich durch die Stuttgarter Königstraße schlendere, wird mir bewusst: Die Zukunftsfragen betreffen uns alle, unabhängig von politischer Überzeugung. Kretschmanns pragmatische Stimme könnte dabei wichtiger denn je sein.