Der Moment des Unfalls bleibt unvergesslich. Quietschende Reifen, zersplitterndes Glas und dann diese unheimliche Stille. In Gera hat nun ein Gericht ein historisches Urteil gefällt: Lebenslange Haft für einen Raser, der bei einem illegalen Autorennen einen tödlichen Unfall verursachte.
Die Entscheidung des Landgerichts Gera markiert einen Wendepunkt in der deutschen Rechtsprechung. Erstmals wurde ein Autofahrer wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt raste. Mit mindestens 105 km/h durchschnitt sein Wagen die Innenstadt – erlaubt waren nur 30. Der 42-jährige Bulgare kollidierte mit einem unbeteiligten Fahrzeug. Dessen Fahrer, ein 28-jähriger Familienvater, hatte keine Überlebenschance.
«Wer derart rücksichtslos das Leben anderer aufs Spiel setzt, nimmt deren Tod billigend in Kauf», erklärte der vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung. Die Verteidigung hatte auf fahrlässige Tötung plädiert, doch das Gericht sah alle Mordmerkmale erfüllt. Der Fall erinnert mich an eine Reportage, die ich letztes Jahr in Berlin machte. Eine Mutter zeigte mir das Zimmer ihres Sohnes – unverändert seit seinem Tod durch einen Raser.
Die gesellschaftliche Debatte über angemessene Strafen für Raser gewinnt an Schärfe. Während manche das Urteil als überfälligen Paradigmenwechsel begrüßen, sehen andere eine problematische Ausweitung des Mordbegriffs. Was bleibt, ist die Hoffnung auf abschreckende Wirkung – und die schmerzliche Gewissheit, dass kein Urteil verlorene Leben zurückbringen kann.