In der Zentralbibliothek am Düsseldorfer Konrad-Adenauer-Platz weht seit kurzem ein frischer Wind. Martina Leschner hat die Leitung übernommen und bringt ambitionierte Pläne mit. Die 48-jährige Bibliothekswissenschaftlerin will die Einrichtung als «dritten Ort» neben Zuhause und Arbeitsplatz etablieren – einen Raum, in dem sich alle Bürgerinnen und Bürger willkommen fühlen.
«Eine Bibliothek muss heute mehr sein als ein Ort zum Bücherleihen», erklärt Leschner bei unserem Gespräch zwischen den hohen Bücherregalen. «Wir wollen ein Treffpunkt sein, ein Ort zum Lernen, zum Diskutieren und zum kreativen Austausch.» Diese Vision spiegelt einen deutschlandweiten Trend wider: Bibliotheken entwickeln sich zu multifunktionalen Gemeinschaftszentren.
Die Zentrale an der Heinrich-Heine-Allee verzeichnet jährlich über 750.000 Besucher. Eine beeindruckende Zahl, die Leschner noch steigern möchte. «Unser Ziel ist es, noch mehr Menschen aus allen Gesellschaftsschichten anzusprechen», betont sie. Besonders Familien, Jugendliche und Senioren stehen im Fokus ihrer Bemühungen.
Leschner bringt umfangreiche Erfahrung mit. Nach ihrem Studium der Bibliothekswissenschaft in Köln leitete sie zehn Jahre lang die Stadtbibliothek in Neuss, bevor sie als Fachberaterin für das Bibliothekswesen in Nordrhein-Westfalen tätig war. Die gebürtige Mönchengladbacherin kennt die Herausforderungen moderner Bibliotheken genau.
«Die digitale Transformation verändert unser Angebot grundlegend«, sagt Leschner. «Wir müssen sowohl traditionelle Medien als auch digitale Dienste anbieten.» Die Bibliothek verfügt bereits über 320.000 physische Medien und ein wachsendes E-Book-Angebot. Künftig sollen mehr digitale Zeitschriften und Datenbanken hinzukommen.
Ein wichtiges Anliegen der neuen Leiterin ist die Modernisierung der Räumlichkeiten. «Wir planen flexiblere Lernbereiche, gemütlichere Leseecken und mehr Platz für Gruppenarbeit.» Das Erdgeschoss soll zu einer offenen «Marktplatz»-Zone umgestaltet werden, mit Café und Ausstellungsflächen. Die Stadtverordneten haben bereits 1,2 Millionen Euro für die Umgestaltung bewilligt.
Frank Meyer, Kulturdezernent der Stadt Düsseldorf, unterstützt Leschners Visionen: «Mit Frau Leschner haben wir eine erfahrene Fachfrau gewonnen, die unsere Bibliothek zukunftsfähig machen wird. Bibliotheken sind wichtige Bildungs- und Kulturorte – gerade in Zeiten von Fake News und Informationsüberflutung.»
Besonders stolz ist Leschner auf die geplante Ausweitung der Öffnungszeiten. Ab Januar soll die Zentralbibliothek auch sonntags von 11 bis 17 Uhr öffnen. «Der Sonntag ist für viele Familien der einzige Tag, an dem sie gemeinsam Zeit verbringen können», erklärt sie. Ein Pilotprojekt in der Stadtteilbibliothek Benrath hatte bereits großen Erfolg.
Auch die Zusammenarbeit mit Schulen und Kitas will Leschner intensivieren. «Leseförderung beginnt im Kleinkindalter«, betont sie. Geplant sind regelmäßige Vorlesestunden, Workshops zur Medienkompetenz und Autorenlesungen. Die beliebte «Bilderbuchzeit» für die Kleinsten wird auf drei Termine pro Woche ausgeweitet.
Die digitale Bildung liegt Leschner ebenfalls am Herzen. «Wir bieten Kurse für Senioren an, die den Umgang mit Smartphones und Tablets lernen wollen, aber auch Coding-Workshops für Jugendliche.» Die «Digitale Werkstatt» im zweiten Stock wird mit neuen 3D-Druckern und VR-Brillen ausgestattet.
Begeistert zeigen sich auch die Mitarbeiter der Bibliothek. «Frau Leschner bringt frische Ideen mit und bezieht uns alle in die Planungen ein», sagt Bibliothekarin Sabine Winkler, die seit 15 Jahren in der Zentralbibliothek arbeitet. «Man spürt ihre Leidenschaft für Bibliotheken.»
Die ersten Veränderungen werden bereits in den kommenden Wochen sichtbar sein. Eine neue Veranstaltungsreihe mit dem Titel «Düsseldorfer Dialoge» startet im November. Experten und Bürger diskutieren dabei aktuelle Themen wie Klimaschutz, Integration und Stadtentwicklung. «Wir wollen ein Ort des Austauschs und der demokratischen Diskussion sein», erklärt Leschner.
Martina Leschner sieht die Bibliothek als wichtigen Teil des kulturellen Lebens der Stadt. «Wir arbeiten eng mit Museen, Theatern und anderen Kultureinrichtungen zusammen», betont sie. So sind Lesungen in Kooperation mit dem Schauspielhaus geplant, und mit dem Filmmuseum wird eine Reihe zu Literaturverfilmungen vorbereitet.
Trotz aller Neuerungen versichert Leschner: «Das Buch bleibt das Herzstück unserer Bibliothek.» Die Leseförderung steht weiterhin im Mittelpunkt. Das Budget für Neuanschaffungen wurde um 15 Prozent erhöht, um aktuelle Belletristik und Sachbücher schneller anbieten zu können.
Mit ihren ambitionierten Plänen möchte Martina Leschner die Zentralbibliothek zu einem modernen Kultur- und Bildungszentrum entwickeln, das allen Düsseldorferinnen und Düsseldorfern offensteht. «Eine Bibliothek ist ein Schatz für die ganze Stadtgemeinschaft», sagt sie zum Abschluss unseres Gesprächs. «Diesen Schatz wollen wir für alle zugänglich machen.»