Der gestrige Theaterabend im Staatsschauspiel Dresden bleibt mir noch lange in Erinnerung. «Mephisto» nach Klaus Mann in der Inszenierung von Claudia Bauer entfaltete eine unerwartete Aktualität. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt, das Publikum gespannt. In Zeiten erstarkender rechter Strömungen wirkt die Geschichte des Opportunisten Hendrik Höfgen wie ein Spiegel unserer Gegenwart.
Die Regisseurin schafft brillante Bilder zwischen Videoprojektion und körperlicher Präsenz. Besonders beeindruckend: die Dopplung der Figuren durch Schauspieler und Puppen. Christian Friedel in der Hauptrolle bewegt sich virtuos zwischen Selbstdarstellung und innerer Leere. «Theater ist immer politisch, ob wir wollen oder nicht», erklärte Bauer in einem Gespräch mit der taz. Die Verführbarkeit der Kunst durch Macht wird greifbar.
Mir fiel während der Aufführung eine Schulklasse auf, die gebannt zusah. Wie selten erlebt man solche Konzentration bei Jugendlichen! Die Bühne verwandelt sich ständig neu – vom intimen Kammerspiel zum grotesken Machttheater. Tom Schillings Musik unterstreicht die wechselnden Stimmungen perfekt.
Dresden bietet damit einen Theaterabend, der mehr als Unterhaltung ist. Er stellt Fragen nach Moral und Anpassung, nach Kunst und Verantwortung. Die stehenden Ovationen am Ende zeigten: Diese Inszenierung hat einen Nerv getroffen. Manchmal braucht es alte Stoffe, um unsere Gegenwart besser zu verstehen.