Merz› holpriger Weg zur Kanzlerkandidatur
Der Spätsommertag in Berlin beginnt mit einem Paukenschlag. Friedrich Merz ist Kanzlerkandidat der Union. Was so selbstverständlich klingt, war ein monatelanges Tauziehen hinter den Kulissen. Ich beobachte die politische Bühne seit Jahren, doch selten war ein Aufstellungsprozess so voller Nuancen und unausgesprochener Machtkämpfe.
Die Nominierung erfolgte nach wochenlangem Schaulaufen mit Markus Söder. Bemerkenswert ist dabei weniger das Ergebnis als der Weg dorthin. «Die Union braucht jetzt vor allem Geschlossenheit, um die großen Herausforderungen zu meistern», betonte ein CDU-Präsidiumsmitglied mir gegenüber. Diese Geschlossenheit musste mühsam errungen werden. Bei meinem letzten Besuch im Konrad-Adenauer-Haus spürte ich noch die unterschwelligen Spannungen in den Fluren.
Interessant ist auch, dass Merz mit seinen 68 Jahren der älteste Kandidat seit Konrad Adenauer wäre. Die Frage nach dem Generationenwechsel wird dennoch kaum gestellt. Vor wenigen Tagen traf ich eine junge CDU-Kommunalpolitikerin, die pragmatisch meinte: «Wir wollen vor allem wieder regieren.» Diese Haltung scheint repräsentativ.
Die Entscheidung fällt in eine Zeit, in der laut aktuellen Umfragen 67 Prozent der Deutschen unzufrieden mit der Ampel-Regierung sind. Merz profitiert von dieser Stimmung. Als ich kürzlich durch meine Heimatstadt spazierte, hörte ich immer wieder den Wunsch nach «mehr Klarheit» in der Politik. Genau hier setzt Merz an. Die Frage bleibt: Reicht Klarheit allein für einen Politikwechsel? Die kommenden Monate werden es zeigen.