Die alte Trockenmauer am Nürtinger Neckarufer erzählt jetzt eine ganz besondere Geschichte. Ihre verwitterten Steine stammen aus dem Stuttgarter Hauptbahnhof, der für das Großprojekt Stuttgart 21 umgebaut wurde. Was andere als Bauschutt entsorgten, bekam hier ein zweites Leben.
«Diese Mauern sind ein Stück Kulturerbe», erklärt Landschaftsarchitekt Michael Zwielich, der die 90 Meter lange Konstruktion am Neckar geplant hat. Die Muschelkalksteine wurden ursprünglich in den 1920er Jahren für den Stuttgarter Bahnhof verbaut. Als ich sie zum ersten Mal sah, konnte ich die Geschichte in ihren Kerben und Verwitterungsspuren förmlich lesen. Solche historischen Materialien findet man heute kaum noch.
Der Umweltausschuss der Stadt Nürtingen entschied sich bewusst für diese nachhaltige Lösung. Statt neue Steine zu brechen, wurden die alten Bahnhofsquader in mühevoller Handarbeit neu aufgeschichtet. Die traditionelle Trockenbauweise ohne Mörtel bietet zudem wertvollen Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere.
Das Projekt verbindet Vergangenheit und Zukunft auf einzigartige Weise. Während Stuttgart 21 kontrovers diskutiert wird, schafft diese kleine Mauer Einigkeit. Sie zeigt, wie aus Abbruchmaterial etwas Neues entstehen kann. In Zeiten von Ressourcenknappheit ein Zeichen, das mich hoffnungsvoll stimmt.