Die Atmosphäre ist angespannt in den Werkshallen des Chemiedreiecks. Wo einst stolze Industrie pulsierte, herrscht nun Unsicherheit. Die ostdeutsche Chemieindustrie steckt in einer bedrohlichen Talfahrt. Betriebe in Leuna, Bitterfeld und Schkopau kämpfen täglich ums Überleben.
«Wir befinden uns im direkten Wettbewerb mit Standorten weltweit, die nur einen Bruchteil unserer Energiekosten tragen», erklärt Dr. Christof Günther, Geschäftsführer der Infraleuna GmbH. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Allein im letzten Jahr sank die Produktion um fast 12 Prozent. Hinter dieser Statistik verbergen sich echte Existenzsorgen und Zukunftsängste.
Ich erinnere mich an meinen Besuch bei einer Betriebsversammlung letzte Woche. Die Gesichter der Mitarbeiter spiegelten die Schwere der Situation wider. Eine junge Chemikantin fragte mich: «Was wird aus unserer Region, wenn die Industrie verschwindet?» Eine Frage, die nachhallt.
Die Politik gerät zunehmend unter Druck. Industrievertreter fordern einen wettbewerbsfähigen Strompreis und Entlastungen bei Abgaben. In Gesprächen mit Unternehmern höre ich immer wieder: Die internationale Konkurrenz schläft nicht. Chinesische und amerikanische Wettbewerber produzieren zu deutlich günstigeren Konditionen.
Der drohende Niedergang hat weitreichende Folgen. Nicht nur Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Ein ganzes Ökosystem aus Zulieferern, Dienstleistern und dem lokalen Handel ist betroffen. Die Chemieindustrie ist Herzstück und Identität vieler ostdeutscher Regionen.
Die Zeit drängt für Lösungen. Während in Berlin um Maßnahmenpakete gerungen wird, vergeht für die Betriebe kostbare Zeit. Die Chemieindustrie braucht nicht nur kurzfristige Hilfe, sondern eine tragfähige Zukunftsperspektive. Der Industriestandort Ostdeutschland steht vor einer Bewährungsprobe.