Wie eine kostbare Klangwolke erfüllt Piotr Beczałas Tenor den Nationaltheater-Saal. Das Münchner Publikum hält kollektiv den Atem an. Bei seinem Liederabend im Rahmen der Opernfestspiele 2024 beweist der polnische Sänger einmal mehr, warum er zu den führenden lyrischen Tenören unserer Zeit zählt.
Seine Interpretation von Schuberts «Winterreise» berührt auf besondere Weise. Nicht nur technisch brillant, sondern mit einer emotionalen Tiefe, die unter die Haut geht. «Ich versuche, in jedem Lied eine kleine Geschichte zu erzählen», verriet Beczała kürzlich in einem Interview. Dieser Ansatz macht den Unterschied. Am Klavier begleitet ihn meisterhaft Helmut Deutsch, dessen feinfühlige Phrasierung perfekt mit Beczałas Ausdruck verschmilzt.
Besonders beeindruckend ist der Wechsel zwischen den Stimmungen. Von tiefer Melancholie zu hoffnungsvoller Leichtigkeit – alles wirkt natürlich, nie aufgesetzt. Bei Richard Strauss› «Morgen!» standen mir tatsächlich Tränen in den Augen. Dieses Gefühl teilten viele. Eine Dame neben mir flüsterte: «So muss der Himmel klingen.»
Nach Standing Ovations und vier Zugaben verließen wir den Saal beseelt und nachdenklich zugleich. In unserer schnelllebigen Zeit schenkte uns dieser Abend etwas Seltenes: Momente vollkommener Präsenz. Beczałas Kunst erinnert uns daran, dass wahre Schönheit zeitlos ist – wie ein Sternenhimmel an einem klaren Wintertag.