Die Hamburger Polizei steht vor einem Wendepunkt. Nach mehreren umstrittenen Einsätzen fordern Experten und Politiker eine grundlegende Reform der Polizeiausbildung. Allein im letzten Jahr gab es 234 Beschwerden gegen Polizeibeamte wegen unverhältnismäßiger Gewaltanwendung, wie die Innenbehörde mitteilte.
Die Ausbildung der Beamten sei nicht mehr zeitgemäß, kritisiert der Kriminologe Prof. Thomas Mertens. «Unsere Polizisten brauchen heute viel mehr interkulturelle Kompetenz und psychologisches Grundwissen als noch vor zwanzig Jahren», erklärt er im Gespräch. Die Vielfalt der Bevölkerung spiegelt sich kaum im Polizeikorps wider. Besonders die Deeskalationstrainings müssten ausgebaut werden. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Polizeiakademie wurden auch strukturelle Mängel bei der praktischen Ausbildung offengelegt.
Die Innenbehörde hat mittlerweile reagiert. Ein Reformkonzept soll noch diesen Sommer vorgestellt werden. Auffällig ist, dass Hamburg damit spät dran ist – München und Berlin haben ihre Ausbildungsprogramme bereits vor zwei Jahren modernisiert. Bei meinem Besuch an der Akademie war spürbar: Die Ausbilder selbst wünschen sich mehr Praxisnähe.
Die Diskussion betrifft uns alle in der Stadt. Eine bessere Polizeiausbildung bedeutet mehr Sicherheit für Bürger und Beamte gleichermaßen. Was bleibt, ist die Frage: Reichen die geplanten Änderungen aus, um das Vertrauen zwischen Bevölkerung und Polizei nachhaltig zu stärken?