Die Sonne steht noch tief, als ich vom Vorfall bei Erding höre. Ein Bundeswehrsoldat, während einer Übung von der Polizei angeschossen. Wie kann so etwas passieren? Die Nachricht wirkt surreal in unserer durchorganisierten Sicherheitsarchitektur. Der Vorfall ereignete sich bei einer militärischen Übung nahe dem oberbayerischen Erding, als Polizisten den Soldaten für einen echten Gefahrenträger hielten.
«Solche Vorfälle sind extrem selten und werden akribisch aufgearbeitet», erklärt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Die Kommunikation zwischen Behörden gilt eigentlich als gut eingespielt. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Reservisten letzten Sommer. «Bei Übungen im öffentlichen Raum informieren wir immer alle relevanten Stellen», betonte er damals. Was also ist hier schiefgelaufen? Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung. Der verletzte Soldat wurde ins Krankenhaus gebracht, schwebt aber nicht in Lebensgefahr.
Mich beschäftigt dieser Zwischenfall besonders. In Zeiten wachsender sicherheitspolitischer Herausforderungen übt die Bundeswehr vermehrt im öffentlichen Raum. Gleichzeitig sind Polizeikräfte sensibilisiert für potenzielle Bedrohungen. Dass diese Welten so folgenschwer kollidierten, wirft Fragen auf. Nicht nur nach Abläufen und Protokollen, sondern auch nach unserer gesellschaftlichen Wahrnehmung von Sicherheit. Die Aufarbeitung des Falls wird zeigen, welche Lehren wir daraus ziehen können.