Die psychiatrische Versorgung in Berlin steht vor dem Kollaps. Täglich kommen Menschen aus allen Bezirken in die psychiatrischen Notaufnahmen der Hauptstadt. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete das St. Hedwig-Krankenhaus einen Anstieg der Notfälle um 15 Prozent. Die Situation spitzt sich dramatisch zu.
«Wir arbeiten seit Monaten an der Belastungsgrenze», erklärt Dr. Sabine Köhler, Chefärztin der psychiatrischen Abteilung am Vivantes Klinikum Neukölln. Die Personalnot sei überall spürbar. Auf den Stationen fehlen Pflegekräfte und spezialisierte Therapeuten. Wartezeiten von drei bis sechs Monaten für ambulante Therapieplätze sind keine Seltenheit. Besonders betroffen sind Menschen mit schweren Depressionen und Angststörungen. Wer durch Neuköllns Straßen geht, bemerkt die zunehmende Zahl hilfsbedürftiger Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Die Berliner Gesundheitsverwaltung hat ein Sofortprogramm angekündigt. «Wir planen zusätzliche Krisendienste in jedem Bezirk und mehr niedrigschwellige Angebote», so Gesundheitssenatorin Ina Czyborra. Doch die Umsetzung braucht Zeit. Experten fordern derweil ein grundlegendes Umdenken in der psychiatrischen Versorgung.
Die Krise zeigt: Berlin braucht nicht nur mehr Betten, sondern ein vernetztes System aus Prävention, Akutversorgung und Nachsorge. So könnte die wachsende Stadt auch künftig ihre Schwächsten auffangen. Die Zeit drängt.