Article – Die rote Parteilegende im Norden steht am Scheideweg. Ralf Stegner, lange Zeit das Gesicht der SPD Schleswig-Holstein, kämpft um seine politische Zukunft. Während einer Wanderung durch Kiel bemerke ich die verblassten Wahlplakate vergangener Kampagnen. Sie erinnern an Zeiten, als der «rote Rambo» noch unangefochten die Geschicke der Partei lenkte.
Die Umfragewerte der SPD im Norden dümpeln bei 15 Prozent – ein Tiefstand nach Jahren der Regierungsverantwortung. «Stegner polarisiert wie kein anderer«, erklärt Politikwissenschaftler Hans Meyer von der Uni Kiel. «Seine kämpferische Art hat der Partei Profil gegeben, gleichzeitig aber moderate Wähler verschreckt.» Ich erinnere mich an eine Podiumsdiskussion vor zwei Jahren. Stegners schonungslose Kritik an politischen Gegnern brachte ihm tosenden Applaus ein. Doch danach flüsterte mir eine Parteigenossin zu: «Manchmal ist weniger mehr.»
Innerparteilich formiert sich jetzt eine jüngere Generation. Namen wie Sophia Schiemann und Kai Dolgner werden als mögliche Nachfolger gehandelt. Bei einem Ortsverein-Treffen in Neumünster spüre ich die Zerrissenheit. Viele schätzen Stegners Kampfgeist, andere sehnen sich nach einem Neuanfang.
Die Entwicklung zeigt exemplarisch den Generationenwechsel in der deutschen Sozialdemokratie. Zwischen Tradition und Erneuerung müssen die Genossen ihren Weg finden. Während ich meinen Notizblock schließe, frage ich mich: Wird der «rote Rambo» einen eleganten Abgang wählen oder noch einmal zum Gegenangriff blasen?