Neulich beobachtete ich auf dem Weg zur Redaktion eine beunruhigende Szene: Jugendliche mit eindeutig rechtsextremen Symbolen auf ihren Jacken, selbstbewusst durch die Fußgängerzone schlendernd. Solche Bilder sind leider keine Seltenheit mehr. Der aktuelle Verfassungsschutzbericht bestätigt diesen Eindruck mit alarmierenden Zahlen: Fast 40.000 Personen werden in Deutschland dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet, etwa 14.000 davon gelten als gewaltorientiert.
Die Normalisierung rechtsextremer Positionen schreitet voran. Was früher gesellschaftlich geächtet war, findet heute Eingang in Stammtischgespräche und politische Debatten. Besonders besorgniserregend ist die zunehmende Vernetzung der Szene. Moderne Kommunikationswege ermöglichen schnellere Radikalisierung und bessere Organisation. «Wir beobachten eine gefährliche Verschmelzung verschiedener extremistischer Milieus», erklärt Sozialpsychologin Dr. Martina Weber. «Verschwörungsideologien dienen als Brücke zwischen unterschiedlichen extremistischen Gruppierungen.»
Letzten Monat besuchte ich eine Informationsveranstaltung in meiner alten Schule. Ein ehemaliger Neonazi berichtete dort von seinen Erfahrungen. Die Aufmerksamkeit der Schüler war greifbar. Besonders beeindruckte mich ein Mädchen, das fragte: «Wie kann ich meine Freundin ansprechen, die immer mehr in diese Richtung abdriftet?»
Demokratieprojekte wie diese leisten wichtige Präventionsarbeit. Doch angesichts der Zahlen bleibt die Frage: Reichen unsere bisherigen Anstrengungen aus? Extremismusforscher fordern mehr Ressourcen für politische Bildung und Demokratieförderung. Der besorgniserregende Trend macht deutlich, dass wir alle gefordert sind – im Alltag, in Schulen, in Familien. Wegschauen ist keine Option mehr.