Es ist einer dieser Herbsttage, an denen die Rentendiskussion wieder aufflammt. Die sogenannte Rente mit 63 steht erneut auf dem Prüfstand. Seit 2014 ermöglicht diese Regelung langjährig Versicherten mit 45 Beitragsjahren einen abschlagsfreien Ruhestand. Doch was als Belohnung für Lebensleistung gedacht war, entwickelt sich zum Zankapfel der Sozialpolitik.
Der demografische Wandel lässt die Schere zwischen Beitragszahlern und Rentenempfängern immer weiter auseinandergehen. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert daher drastisch: «Den Luxus der Rente mit 63 können wir uns nicht mehr leisten.» Eine Position, die in Wirtschaftskreisen Zuspruch findet. Dr. Monika Schnitzer, Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, ergänzt: «Wir brauchen dringend mehr Arbeitskräfte im System, nicht weniger.» Ich erinnere mich an meinen Onkel, der mit 63 in Rente ging – voller Pläne und bei bester Gesundheit. Sein Arbeitgeber verlor einen erfahrenen Fachmann, den er kaum ersetzen konnte.
Die Politik ist gespalten. Während die FDP auf Änderungen drängt, verteidigen SPD und Linke die Regelung als soziale Errungenschaft. Der Arbeitsmarkt spürt die Folgen bereits: Laut Statistischem Bundesamt fehlen in Deutschland aktuell rund 780.000 Fachkräfte. Die Frühverrentung verstärkt diesen Mangel spürbar.
Zwischen Lebensleistung und wirtschaftlicher Vernunft bleibt die Rentenpolitik ein Balanceakt. Vielleicht brauchen wir flexible Modelle statt starrer Altersgrenzen. Die Debatte um die Rente mit 63 ist mehr als ein Streit um Zahlen – sie ist eine Frage, wie wir Generationengerechtigkeit in einer alternden Gesellschaft gestalten wollen.