Mit einem leisen Stift auf dem großen Papier der Justiz schreiben sich manchmal Geschichten, die uns alle berühren. So auch im Fall des Thüringer Richters Bengt Fuchs. Das Oberlandesgericht Jena hat entschieden: Kein Hauptverfahren gegen den umstrittenen Juristen. Die Anklage wegen Rechtsbeugung wurde nicht zugelassen.
Die Causa Fuchs bewegt seit Jahren die Gemüter. Der Richter am Amtsgericht Weimar hatte während der Pandemie für Aufsehen gesorgt. Im April 2021 erklärte er die Maskenpflicht an zwei Schulen für unwirksam. Seine Entscheidungen wurden später aufgehoben, doch der Verdacht stand im Raum: Hat er seine richterliche Unabhängigkeit missbraucht?
«Die richterliche Unabhängigkeit ist ein hohes Gut in unserem Rechtsstaat», erklärte der Thüringer Justizexperte Thomas Hartung in einem früheren Interview. «Sie findet aber ihre Grenzen, wo Richter bewusst gegen geltendes Recht verstoßen.» Die Staatsanwaltschaft warf Fuchs genau dies vor. Sie sah den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllt.
Ich erinnere mich noch gut an die hitzigen Debatten in unserer Redaktion. War es mutige Rechtsinterpretation oder problematische Grenzüberschreitung? Die Meinungen gingen weit auseinander. Nun hat das OLG einen Schlussstrich gezogen. Die Richter konnten keinen hinreichenden Tatverdacht erkennen.
Der Fall bleibt dennoch ein Lehrstück über die Grenzen richterlicher Freiheit in Krisenzeiten. Er zeigt die Spannungen zwischen individueller Rechtsauslegung und gesellschaftlicher Verantwortung. Während einige in Fuchs einen Verteidiger der Freiheitsrechte sehen, betrachten andere seine Entscheidungen als gefährlichen Alleingang. Die Debatte über das richtige Maß richterlicher Unabhängigkeit wird uns noch lange beschäftigen.