In Münchens Gerichtssaal atmet Geschichte
Der holzgetäfelte Gerichtssaal am Münchner Oberlandesgericht wirkt heute besonders schwer. Drei Menschen sitzen auf der Anklagebank, ihre Gesichter ernst. Der Vorwurf: Spionage für Russland. Ein Ehepaar und ein weiterer Mann sollen in Deutschland militärische Informationen gesammelt haben. Der Fall erinnert an längst vergangen geglaubte Zeiten des Kalten Krieges.
Die Bundesanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, Sabotageakte vorbereitet zu haben. Sie sollen potenzielle Anschlagsziele fotografiert haben, darunter US-Militäreinrichtungen und Rüstungsbetriebe. Der 40-jährige Hauptangeklagte Artem U. soll vom russischen Geheimdienst rekrutiert worden sein. „Die Methoden ähneln klassischen Spionagetechniken, aber mit modernen digitalen Mitteln», erklärt ein Sicherheitsexperte, der anonym bleiben möchte.
Ich erinnere mich an ein Interview mit einem ehemaligen BND-Mitarbeiter vor einigen Jahren. «Die Spionageabwehr war nie wirklich eingestellt», sagte er mir damals. Heute sitze ich im Gerichtssaal und beobachte die Gesichter der Angeklagten. Ihre Blicke verraten Anspannung und Sorge.
Besonders brisant: Die Ermittler fanden bei einer Hausdurchsuchung große Bargeldbeträge und verschlüsselte Kommunikationsmittel. Der Prozess verdeutlicht, wie angespannt die deutsch-russischen Beziehungen seit dem Ukraine-Krieg sind. Die Aufdeckung der mutmaßlichen Spionagezelle zeigt: Der geopolitische Konflikt erreicht unseren Alltag auf ungeahnte Weise.