In Hamburg muss ein selbsternannter Sektenführer für viereinhalb Jahre hinter Gitter. Das Landgericht verurteilte den 49-jährigen Mann wegen sexueller Übergriffe auf vier Frauen. Die Taten ereigneten sich zwischen 2019 und 2021 im Rahmen einer spirituellen Gemeinschaft im Stadtteil Altona, die rund 25 Mitglieder zählte.
Der Angeklagte hatte eine besondere Machtposition inne. «Er nutzte die spirituelle Abhängigkeit und das Vertrauensverhältnis systematisch aus», erklärte die Vorsitzende Richterin während der Urteilsverkündung. Die betroffenen Frauen berichteten, wie er angebliche «Energieübertragungen» als Vorwand für die Übergriffe nutzte. Besonders erschütternd waren die Schilderungen einer damals 24-Jährigen, die mehrfach zum Opfer wurde.
Als langjährige Beobachterin der lokalen Szene kann ich bestätigen, dass solche Gruppen in Hamburg oft unter dem Radar operieren. Der Staatsanwalt forderte ursprünglich sechs Jahre Haft, während die Verteidigung auf Freispruch plädierte. Experten der Sektenberatungsstelle Hamburg verzeichneten seit der Corona-Pandemie einen Anstieg von Anfragen zu problematischen spirituellen Gruppen.
Die Betroffenen zeigten sich erleichtert über das Urteil. «Endlich werden wir gehört», sagte eine der Frauen unter Tränen nach der Verhandlung. Der Fall hat in der Hamburger Spiritualitätsszene für Erschütterung gesorgt. Die Behörden prüfen nun weitere verdächtige Gruppierungen im Stadtgebiet.