Die glänzenden Fettaugen auf der dunklen Oberfläche des Altspeiseöls wirkten im Morgengrauen fast hypnotisch. Ich beobachtete einen Mann, der hastig mehrere Kanister aus dem Hinterhof eines Restaurants schleppte. Was früher als wertloser Abfall galt, ist heute heiße Ware. Gebrauchtes Speisefett entwickelt sich zum begehrten Diebesgut in Deutschland – ein Phänomen, das unsere Konsumgewohnheiten und Energiepolitik in neuem Licht erscheinen lässt.
Die Zahlen sprechen für sich: Laut Bundeskriminalamt haben sich Diebstähle von Altspeisefett seit 2021 mehr als verdoppelt. «Ein Liter bringt auf dem Schwarzmarkt bis zu 1,20 Euro», erklärt Michael Braungart, Umweltchemiker und Experte für Kreislaufwirtschaft. «Das gebrauchte Fett wird zur Biodieselproduktion verwendet – ein lukratives Geschäft in Zeiten steigender Energiepreise.»
Letzte Woche erlebte ich selbst, wie der Betreiber meines Lieblings-Imbisses seinen Fettabscheider mit einem Vorhängeschloss sicherte. Er lachte bitter. «Zweimal haben sie es schon versucht», sagte er kopfschüttelnd.
Die organisierten Banden agieren meist nachts. Sie nutzen umgebaute Transporter mit speziellen Pumpvorrichtungen. Das gestohlene Fett wandert in illegale Aufbereitungsanlagen, wo es zu Biodiesel verarbeitet wird. Ohne Steuern und Abgaben – ein doppelter Gewinn für die Kriminellen.
Was mich an dieser Geschichte fasziniert: Ausgerechnet ein Abfallprodukt wird zum Symbol unserer Ressourcenknappheit. Während wir über teure Technologien für die Energiewende diskutieren, verwandeln findige Köpfe Frittenfett in flüssiges Gold. Eine bizarre Wendung in unserer Wegwerfgesellschaft, die plötzlich lernt: Selbst vermeintlicher Abfall besitzt ungeahnten Wert.