Die Umbenennung von Stuttgarter Straßennamen sorgt erneut für Diskussionen in der Schwabenmetropole. Seit 2020 wurden bereits sieben Straßen umbenannt, darunter die ehemalige Lautenschlagerstraße, die jetzt Geschwister-Scholl-Straße heißt. Die städtische Kommission für Erinnerungskultur hat weitere 15 Straßennamen auf ihrer Prüfliste.
«Bei diesen Umbenennungen geht es nicht um Cancel Culture, sondern um eine kritische Auseinandersetzung mit unserer Geschichte», erklärt Dr. Marion Keuchen vom Stuttgarter Institut für Stadtgeschichte. Die betroffenen Straßen wurden meist nach Personen benannt, die heute wegen ihrer Verbindung zum Kolonialismus oder zum NS-Regime kritisch gesehen werden. Besonders kontrovers diskutiert wird die mögliche Umbenennung der Richard-Wagner-Straße im Westen.
Im Kessel hört man gemischte Stimmen. Während viele Anwohner die Aufarbeitung der Vergangenheit befürworten, sorgen sich Gewerbetreibende um praktische Folgen. «Jede Adressänderung kostet uns Zeit und Geld», seufzt ein Buchhändler aus der Innenstadt. Vom Klett-Passagen-Eck bis zum Marienplatz – die Diskussion zeigt, wie lebendig Stuttgarts Erinnerungskultur ist.
Bis Ende des Jahres will die Kommission weitere Empfehlungen aussprechen. Die endgültige Entscheidung liegt beim Gemeinderat. Die Straßenschilder mögen sich ändern, doch im Herzen der Stuttgarter leben die alten Namen oft weiter – wie beim «Neckartor», das offiziell schon lange anders heißt.