Der kalte Herbstwind weht durch Berlin – nicht nur vor dem Kanzleramt, sondern auch innerhalb der Regierungskoalition. In den letzten Tagen verdichteten sich die Anzeichen: Bei der umstrittenen Stromsteuer könnte Bewegung in die festgefahrene Debatte kommen. Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt signalisierte nun erstmals Kompromissbereitschaft.
Die Ampel-Koalition ringt seit Wochen um das richtige Rezept gegen die Wirtschaftsflaute. Während die FDP auf eine vollständige Senkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum pocht, favorisierten SPD und Grüne bisher gezieltere Entlastungen für die Industrie. «Wir müssen jetzt pragmatische Lösungen finden, die beide Seiten mittragen können», sagte mir ein hochrangiger Regierungsberater gestern beim Hintergrundgespräch. Die wirtschaftliche Lage dulde keinen weiteren Stillstand.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag drängt auf schnelle Entscheidungen. Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben betonte: «Jeder Tag des Wartens kostet unsere Unternehmen wertvolle Wettbewerbsfähigkeit.» Bei meinem Besuch eines mittelständischen Betriebs in Brandenburg letzte Woche wurde die Dringlichkeit greifbar. Der Produktionsleiter zeigte mir die Energiekostenabrechnung mit zitternden Händen. «Mit diesen Preisen können wir international nicht bestehen», sagte er kopfschüttelnd.
Die Signale aus dem Kanzleramt deuten auf einen möglichen Mittelweg hin. Eine abgestufte Lösung mit besonderer Entlastung für energieintensive Betriebe scheint denkbar. Was bleibt, ist die Erkenntnis: In der Energiepolitik braucht Deutschland mehr als symbolische Kompromisse – es braucht mutige Weichenstellungen für eine Zukunft, in der Klimaschutz und Wirtschaftskraft keine Gegensätze sein müssen.