Die Berliner Polizei hat gestern in Neukölln einen 35-jährigen Syrer festgenommen. Er soll während des syrischen Bürgerkriegs als Anführer einer regierungsnahen Miliz tätig gewesen sein. Nach Informationen der Bundesanwaltschaft wird ihm vorgeworfen, 2014 Demonstranten gefoltert und misshandelt zu haben. Allein in diesem Jahr wurden bereits vier mutmaßliche Kriegsverbrecher aus Syrien in Berlin identifiziert.
Der Festgenommene lebte seit 2018 unauffällig in Berlin-Neukölln. Nachbarn beschreiben ihn als zurückhaltend. «Er grüßte immer freundlich, niemand hätte vermutet, wer er wirklich sein könnte», berichtet eine Anwohnerin. Die Ermittlungen begannen nach Hinweisen von geflüchteten Syrern, die den Mann auf der Sonnenallee erkannt hatten. Besonders brisant: Der Verdächtige soll an Folterungen in einem berüchtigten Gefängnis beteiligt gewesen sein. Immer wieder tauchen Kriegsverbrecher unter den Geflüchteten unter. In Neukölln, wo viele Syrer leben, sorgt das für Verunsicherung, aber auch Erleichterung über die Festnahme.
Der Festgenommene sitzt nun in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft prüft eine Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Für die syrische Community in Berlin bedeutet die Festnahme ein wichtiges Signal: Kriegsverbrecher können auch in Deutschland zur Rechenschaft gezogen werden. Das Weltrechtsprinzip macht’s möglich – unabhängig vom Tatort können schwerste Menschenrechtsverletzungen auch hier verfolgt werden.