Gestern spürte man die Anspannung in Berlin. Friedrich Merz, der CDU-Chef, hat die Tür für Taurus-Lieferungen an die Ukraine überraschend weit aufgestoßen. «Im Bereich des Möglichen» sei dies, sollte er Bundeskanzler werden. Eine bemerkenswerte Wende, nachdem Olaf Scholz solche Lieferungen konsequent ablehnt.
Die Marschflugkörper vom Typ Taurus könnten mit ihrer Reichweite von 500 Kilometern tief in russisches Gebiet vordringen. Genau hier liegt der Knackpunkt. Während Scholz eine Eskalation fürchtet, sieht Merz die Notwendigkeit, der Ukraine alle verfügbaren Mittel zur Selbstverteidigung zu geben. «Wir können nicht zulassen, dass Russland diesen Krieg gewinnt«, so Merz beim Wirtschaftsforum in Berlin. Ein Sieg Putins würde die europäische Sicherheitsarchitektur fundamental erschüttern.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem ukrainischen Journalisten letzten Monat. «Wir brauchen nicht eure Sorgen, sondern eure Waffen«, sagte er mir. Seine Augen spiegelten dabei die Verzweiflung eines Volkes wider, das um sein Überleben kämpft.
Merz› Positionierung markiert einen deutlichen Kontrast zur Zurückhaltung der Ampel-Regierung. Ob Deutschland tatsächlich rote Linien überschreiten wird, bleibt offen. Eines ist klar: Die deutsche Ukraine-Politik steht an einem Wendepunkt. Die Entscheidungen von heute werden das europäische Sicherheitsgefüge für Jahrzehnte prägen.