Der Morgen begann für viele Wiesbadener mit einer unerwarteten Nachricht auf dem Handy. «Bitte Leitungswasser abkochen» – diese Warnung erreichte uns über verschiedene Kanäle. Seit gestern Abend gilt in mehreren Stadtteilen ein Abkochgebot, nachdem Verunreinigungen im Trinkwasser festgestellt wurden. Als ich heute früh meine Kaffeemaschine anstellen wollte, musste ich umdenken.
Die Ursache der Verunreinigung ist bisher unklar. Betroffen sind die Stadtteile Biebrich, Schierstein, Frauenstein, Dotzheim und Teile der Innenstadt. «Die Sicherheit der Bürger hat absolute Priorität«, erklärt Ralf Schodlok, Vorstandsvorsitzender der ESWE Versorgungs AG. «Wir arbeiten mit Hochdruck an der Analyse und Behebung des Problems.» Beim Frühstück mit meiner Nachbarin stellten wir fest, wie abhängig wir von sauberem Leitungswasser sind. Plötzlich wird jeder Handgriff komplizierter – vom Zähneputzen bis zum Gemüsewaschen.
Das Gesundheitsamt empfiehlt, das Wasser mindestens drei Minuten sprudelnd kochen zu lassen. Für ältere oder kranke Menschen stellt die Stadt an mehreren Stellen kostenlos Trinkwasser bereit. In den sozialen Medien zeigt sich beeindruckende Nachbarschaftshilfe – Menschen bieten abgekochtes Wasser oder Hilfe beim Einkauf an.
Die aktuelle Situation erinnert uns daran, wie selbstverständlich wir Trinkwasser aus dem Hahn nehmen. Ein Luxus, den weltweit über 2 Milliarden Menschen nicht kennen. Während ich nun mein Teewasser abkoche, denke ich: Manchmal braucht es kleine Krisen, um große Privilegien zu erkennen.