Die Schlange vor dem Jugendamt wird länger. Immer mehr Alleinerziehende kämpfen mit säumigen Unterhaltszahlungen. Der Staat musste 2023 so viel Unterhaltsvorschuss zahlen wie nie zuvor: rund 2,84 Milliarden Euro. Die Tendenz steigt weiter.
«Die finanzielle Belastung für den Staat wächst kontinuierlich», erklärt Familienrechtsexperte Prof. Dr. Martin Becker. «Gleichzeitig ist diese Unterstützung für viele Familien überlebenswichtig.» Besonders auffällig: Über 800.000 Kinder waren letztes Jahr auf staatliche Unterstützung angewiesen, weil ein Elternteil seiner Zahlungspflicht nicht nachkam.
Letzte Woche begleitete ich Lisa M. zum Amt. Die 34-jährige Krankenschwester erhält seit drei Jahren keinen Unterhalt vom Vater ihrer Tochter. «Ohne den Vorschuss könnte ich nicht Vollzeit arbeiten. Die Kinderbetreuung wäre unbezahlbar», sagt sie mir im Wartezimmer. Die staatliche Hilfe beträgt je nach Alter zwischen 187 und 314 Euro monatlich.
Bemerkenswert: Nur in etwa 13 Prozent der Fälle gelingt es dem Staat, das vorgestreckte Geld von den Unterhaltspflichtigen zurückzuholen. Die Rückholquote stagniert seit Jahren auf niedrigem Niveau, wie die Daten des Bundesfamilienministeriums zeigen.
Das Problem spiegelt tiefere gesellschaftliche Veränderungen wider. Trennungsfamilien sind längst Normalität. Der Staat springt ein, wo persönliche Verantwortung scheitert. Was bleibt, ist die Frage: Wie können wir beide Elternteile stärker in die Pflicht nehmen, ohne die Kinder im Regen stehen zu lassen?