Als ich gestern Abend die Nachrichten verfolgte, breitete sich in mir eine ungewohnte Beklommenheit aus. Der Richterstreit um die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts hat eine neue Dynamik erreicht. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisierte die Ampelkoalition öffentlich für ihr Vorgehen. Eine Seltenheit in unserer politischen Landschaft.
Die gescheiterte Wahl neuer Verfassungsrichter ist mehr als ein politisches Geplänkel. Sie rührt an den Grundfesten unserer Demokratie. «Das Bundesverfassungsgericht ist zu wichtig, um es zum Spielball parteipolitischer Interessen zu machen», mahnte Steinmeier mit ernster Miene. Seine Worte wiegen schwer. Friedrich Merz räumte inzwischen eine «Fehleinschätzung» ein – ein bemerkenswerter Schritt.
Vor einigen Jahren interviewte ich einen ehemaligen Verfassungsrichter. «Die Stärke des Gerichts liegt in seiner Unabhängigkeit und dem überparteilichen Konsens», erklärte er mir. Diese Worte hallen heute nach. Als ich am Karlsruher Gerichtsgebäude vorbeilief, fragte ich mich, wie fragil unser Rechtsstaat eigentlich ist.
Die aktuelle Pattsituation zeigt, wie sehr sich das politische Klima verhärtet hat. Verfassungsorgane brauchen Vertrauen und Stabilität. In Zeiten globaler Demokratiekrisen sollten wir besonders sorgsam mit unseren Institutionen umgehen. Das Verfassungsgericht verdient besseres als diesen unwürdigen Schlagabtausch.